- hallo-muenchen-de
- Hallo-Interviews
Stand:
Kommentare
München:„Hubert und Staller“-Chef Michael Brandner über seine Begegnung mit echten Dienststellen.
Als Polizeirat Reimund Girwidz leitet er das „Hubert und Staller“-Revier. In der Realität kennt Schauspieler Michael Brandner nur die andere Seite. „Als ich das letzte Mal meinen Führerschein auf der Polizeiwache abgeben musste, wurde mir klar, dass unsere gewollt armselige Hubert und Staller-Dienststelle die Wirklichkeit schon sehr genau trifft“, so der Schwabinger, der am 22. November doppelt feiern kann: 66. Geburtstag und die Ausstrahlung der 100. Folge. Ab dem 29. November läuft dann die siebte Staffel immer mittwochs um 18.50 Uhr im Ersten.
Und auch wenn gerade Hauptdarsteller Helmfried von Lüttichau seinen Ausstieg als Johannes Staller verkündet hat, wird es weitergehen. „Im kommenden Jahrdrehen wirein90-minütigesSpecial und dann geht es weiter mit den Staffeln“, verspricht Brandner. Ob die Serie dann in „Hubert & Girwidz“ unbenannt wird oder wie man die Lücke sonst schließt, dazu will er sich nicht äußern. Über alles andere – seine Zeit in der Hausbesetzer-Szene oder die unwürdigen Arbeitsbedingungen für Schauspieler – sprach er umso offener im Hallo München-Interview.
Maren Kowitz
Akademie für Fernsehen haben wir vor sechs Jahren gegründet, um – im Gegensatz zum Fernsehpreis – Auszeichnungen für Einzelleistungen zu vergeben, für Bühnenbild, für Musik, für Kameraführung. In jeder Sparte bekommt der Preisträger die Auszeichnung von seinen Kollegen.
Bairisch: Ich bin in Augsburg geboren und habe die bayerische Mentalität von meiner Mutter. Ich mag die Bayern sehr gerne, weil die in all ihrer Sturschädeligkeit einfach Format haben. Das mit dem Bairisch Sprechen ist schwierig. Helmfried (von Lüttichau, Anm. d. Redaktion) hat mich darin schon für eine Rolle gecoacht. Er ist ein hervorragender Lehrer.
Clooney hat mich für „Monuments Man“ persönlich besetzt. Mit ihm zu drehen war so wunderbar und so entspannt. Er ist ein unglaublich großzügiger, herzenswarmer Mann. Ich habe ihm und Bill Murray „Froh zu sein bedarf es wenig...“ im Kanon beigebracht. Die beiden witzeln und singen in jeder Drehpause.
Dicker: Die Rolle des „Dicken“ in der Ruhrpott-Serie „Rote Erde“ war 1989 mein TV-Durchbruch. Peter Lohmeyer und ich kannten uns privat, als er noch nebenbei Autos verkauft hat. Er nahm mich und Armin Rohde mit zum Casting. Der Regisseur hat mich dann in München getroffen und gesagt, „Du bist mein Dicker“.
Enkelin: Meine Matilda wird jetzt fünf Jahre alt, ein entzückendes Wesen, aber sehr anspruchsvoll. Meine Frau und ich versuchen sie, wenn es geht, oft am Wochenende zu nehmen. Dann gehe ich morgens mit ihr zum Bauernmarkt an der Ungererstraße.
Format: Den Begriff Fernsehformate mag ich nicht. Dieses Pressen in ein Zeitschema, dieses Normdenken, die bürokratische Herangehensweise muss dringend reduziert werden, sonst verliert das Fernsehen. Je eigener man die Leute machen lässt, desto besser werden sie.
Granteln: Es gibt viele Zustände, mit denen ich im Argen liege. Da kann ich dann nicht weggucken – oder still sein.
Hubert und Staller: Auch nach 100 Folgen ist der Dreh noch spannend, weil die Arbeit sehr besonders ist. Wir spielen halt Situationen und keine Witze. Mittlerweile ist jeder von uns gewohnt, mit jeder Situation so verfahren zu können, um aus unserer Sicht das Beste rauszuholen.
Innenarchitekt: Ich bin gelernter Bauzeichner und Schreiner, habe früher viele Kneipen und Diskotheken ausgestattet.
Jack Nicholson: Ich bin ein großer Fan von ihm. Aber meine dunkle Brille ist keine Hommage an ihn. Ich habe immer eine Tönung in der Brille drin, weil ich Probleme mit Helligkeit habe.
Kultur: Ich finde nicht, dass wir ein Kulturvolk sind. Wenn irgendwo der rote Stift angesetzt wird, dann an der Kultur. Wir sind nicht das Volk der Dichter und Denker, wir sind das Volk der Bürokraten und Erziehungsberechtigten.
Lobbyarbeit: Wir haben 2006 den Bundesverband Schauspiel gegründet, um würdige Bedingungen für den Beruf zu schaffen. Arrivierte Kollegen sitzen auf Bierbänken, während junge, angesagte Kollegen ihren Wohnwagen haben. Das ist einer der Punkte, die es gilt zu bekämpfen. Und dazu gehört auch eine anständige Bezahlung. Geld ist halt der Applaus eines Filmschaffenden.
Musik: Ein Leben ohne Musik könnte ich nicht ertragen. Ich habe hunderte von CDs, eine fette Anlage im Bad und höre immer Musik. Ich tanze gerne zu gutem Jazz oder Funk als Workout.
Neid: Bei uns darf es keine Stars geben. Bei uns sieht man gerne Leute auf die Fresse fallen. Wir sind leider ein schadenfreudiges und sozialneidiges Volk. Da sagt keiner: „Toll, der hat Erfolg, da kann ich auch Erfolg haben“, sondern „Der hat Erfolg, warum habe ich keinen?“.
Olympia’ 72: In dem Doku-Drama „München ’72“ durfte ich Genscher spielen. Bei der Premiere traf ich dann den Hubschrauberpilot von der sich damals gerade bildenden GSG 9, mit dem ich seinerzeit in derselben Kaserne Bonn-Hangelar stationiert war.
Privat: In Frankreich wird den Schauspielern mit Ehrfurcht begegnet. In Deutschland kommen viele und rufen, „ich kenn Sie aus dem Fernsehen“, während sie einen mit den Fingern anstupsen, so als würde man ihnen gehören, weil sie ja Gebühren zahlen.
Quertreiber: Nach meiner Zeit beim Bundesgrenzschutz bin ich in die Hausbesetzer-Szene nach Dortmund gewechselt. Dort hatte ich meine erste Begegnung mit dem Theater, wir haben uns eine Bühne gebaut aus den Brettern, mit denen die Stadt uns Türen und Fenster vernagelt hat.
Renaissance-Mann: Ich habe immer mehr Talente gehabt als ich ausfüllen konnte. Ich entwerfe meine Anzüge selbst, bin gelernter Schreiner, koche sehr gerne, mache Musik, schreibe Gedichte...
Schickeria: Ich umgebe mich mit Menschen, die ich schon lange kenne oder die mir charakterlich liegen. Ich kann nicht Kontakt mit Leuten haben, nur weil sie bedeutend sind. Ich bin nicht geeignet für Smalltalk.
Terrorismus: Von 1970 bis 72 war ich Beamter auf Widerruf beim Bundesgrenzschutz in Bonn. Da habe ich erlebt wie aus unserer Waffenkammer in der Kaserne Waffen entwendet worden sind. Ein Schock für uns alle. Danach wurden doppelte Wachen geschoben. Die RAF war damals dafür verantwortlich.
Unterhaltung: TV wird wichtig bleiben, gerade für die älteren Menschen. Für viele ist der Fernseher das Fenster zum Leben.
Verkehrsdelikte: Das letzte Mal auf der Schwabinger Polizeiwache war ich, als ich meinen Führerschein abgeben musste. Ich bin ein sehr ungeduldiger Mensch, deswegen fahre ich öfter auf der Autobahn zu schnell. Aber da wurde mir klar, dass unsere gewollt armselige Hubert und Staller-Dienststelle die Wirklichkeit schon sehr genau trifft.
Wunschrolle: Am liebsten will ich noch eine Figur spielen, die ich selbst entwickelt habe. Mit meiner Filmproduktionsfirma haben wir ein paar Ideen und Konzepte entworfen, manche auch leider schon versenkt.
Xylophon: Ich singe und spiele Mundharmonika, hatte früher mal eine Band.
Yoga ist toll, ich bin manchmal nur zu faul dafür. Aber ich meditiere regelmäßig – das ist gerade für mich, meine Ungeduld und meine Wut ideal, wenn der Körper mal runterfährt.
Zitat: Franz Josef Strauß hat mal gesagt „Everybody’s Darling ist Everybody’s Depp“. Einer der Sätze, für die ich ihm applaudiere.